Home Sibylla Schwarz Anne Finch Emily Dickinson William Shakespeare Others Links About
Christina Rossetti
Christina Rossetti Mische den Pfannkuchen Koboldmarkt

Poems by Christina Rossetti (1830-1894)

Translated into German
An orange

Mische den Pfannkuchen

Mix a Pancake

Mische den Pfannkuchen,
Rühre den Pfannkuchen,
Platsch in die Pfanne damit!
Backe den Pfannkuchen,
Wende den Pfannkuchen,
Fang ihn auf! Sonst – kaputt.

2. Koboldmarkt

Goblin Market

Morgens und abends
Hör'n Mädchen die Wichte schrei'n:
“Komm, kauf die Früchte fein,
Kauf ein, kauf ein;
Äpfel und Quitten und,
Zitrusobst allerlei,
Kirschen so prall und rund,
Heidel- und Himbeeren,
Köstliche Pfirsiche,
Schwarzrosa Maulbeeren,
Cranberries, wild und frei,
Wildäpfel, Kratzbeeren,
Ananas, Brombeeren,
Aprikos, Erdbeeren,
Allesamt reif und rein
Wie Sommersonnenschein –
Morgende ziehn davon
Abende fliegen schon,
Kauf ein, kauf ein:
Unsere Trauben hell,
Rote Granatäpfel,
Datteln und Wildpflaumen,
Birnen und Rundpflaumen,
Zwetschgen und Blaubeeren.

Iss und probier sie gleich:
Süßsaure Stachelbeer'n,
Sanddorn, Johannisbeer'n,
Feigen, im Mund samtweich,
Südens Zitronatzitronen,
Augen auf, Gaumenschmaus: beiß rein,
Kauf ein, kauf ein.”

Abend für Abend durch,
Zwischen dem Schilf am Fluss,
Lauschte Laura mit Genuss,
Hüllte Lizzie sich in Furcht,
Eng beisammen hockten sie,
Abends Kühle fühlten sie,
Hände klammern, Lippen knibbeln,
Fingerspitzen, Wangen kribbeln,
“Rück näher,” rief Laura,
Hob den Kopf zur Sonne an,
“Keinen Blick dem Kobold-Mann,
Niemals kaufen wir die Frucht,
Weiß man, welche Erde stärkt
Hungriges, durstiges Wurzelwerk?”
“Kauf ein”, rief ein Kobold da
Rumpelnd durch die Schlucht.
“Oh”, rief Lizzie, “Laura, Laura,
Schau nicht auf den Kobold-Mann!"
Lizzie senkte ihren Blick,
Augen zu, ja nichts zu sehen,
Laura hob das Haupt zu spähen
Ruhelos flüsterte sie bald zurück:
“Schau, Lizzie, schau,
Im Tal marschieren Männer ein.
Einer schleppt einen Korb,
Einer trägt einen Teller,
Einer bringt eine goldene Schale,
Sehr schwer scheint diese zu sein.
Wie gut der Weinstock wachsen muss,
Der so reichlich Trauben trägt,
Wie warm der Südwind wehen muss,
Der durch diese Büsche fegt.”
“Nein,” sagte Lizzie, “Nein, Schluss;
Diese Versprechen sind Lügen,
Diese Geschenke betrügen.
Die Finger in die Ohren steck,
Mach deine Augen zu, renn weg.”

Gespannt blieb Laura länger
Bestaunte diese Männer:
Einer, der trug eine Katzenmähne,
Einer, der trug einen Schwanz,
Einer hatte Rattenzähne,
Einer hatte ein Schneckenhaus,
Einer sah wie ein Wombat aus,
Ein Honigdachs lud ein zum Tanz.
Laura hörte Stimmen klingen,
“Gurr” wie Turteltauben, netter,
Miteinander leise singen,
Lieblich wie das schöne Wetter.

Lang den Hals die Laura streckt,
Wie ein Schwan im Schilf versteckt,
Wie die Lilie am Kliff,
Wie die Pappel auf dem Feld,
Wie beim Stapellauf ein Schiff,
Wenn das Tau es nicht mehr hält.

Rückwärts in das Tal hinein
Kommen Kobolde geströmt
Und ihr schriller Schrei ertönt,
“Kauf ein, kauf ein.”
Als sie Laura dann erreichen,
Stehen still sie auf dem Moos,
Geben so einander Zeichen,
Bruder heimlich einem Bruder,
Ihre Augen riesengroß,
Bruder listig einem Bruder.
Einer setzt den Korb jetzt ab,
Einer deckt den Teller ganz,
Eine webt aus Zweig und Blatt,
Nuss und Ranken einen Kranz
(Solche gibt’s nicht in der Stadt);
Einer hebt das Goldgewicht,
Bietet Früchte feil und spricht,
“Kauf ein, kauf ein”.
Laura kann sich nicht bewegen,
Hat auch gar kein Geld zu geben,
Der Händler mit dem Schwanz lädt ein,
Mit honigsüßer Stimme: “Koste”,
Der mit der Katzenmähne schnurrt,
Der mit den Rattenzähnen surrt,
“Willkommen”, ruft die Schnecke frei,
Einer plappert munter “Pretty!
Pretty Polly”, wie ein Papagei,
Einer trällert wie ein Sittich.

Leckermaul Laura rief hastig noch “Halt”,
Ihr lieben Leute, ich habe kein Geld,
Nehmen wär wie stehlen finster,
Ich hab keine Kupfermünzen,
Hab kein Silber auszugeben,
All mein Gold is nur der Ginster,
Wie er sich im Wind bewegt
Wenn der auf der Heide fegt.”
“Gold genug auf deinem Kopf”,
iefen die Kobolde aus,
“Gib und leb in Saus und Braus!”
Sie schnitt eine Strähne aus ihrem Zopf,
Sie weinte eine Perle rar,
Saugte dann die Früchte ein,
Süßer als Honig und Kandis,
Stärker als fröhlicher Wein,
Saft wie das Wasser so klar,
Schmeckte so wunderbar seidig,
Wie sollte es jemals genug sein?
Sie saugte und saugte und saugte noch mehr,
Solches Obst gab der Obstgarten her,
Saugte, doch bald tat ihr Mund so weh,
Da warf sie die Schalen hinaus in den See.
Nur einen Kern, auf den gab sie Acht,
Wusste nicht, war es wohl Tag oder Nacht,
Hat sich allein auf den Heimweg gemacht.

Lizzie traf sie vor dem Haus
Schalt sie lang und ehrlich:
“Liebes, bleib nicht so lang aus,
Für Mädchen ist Zwielicht gefährlich,
Sollten nicht im Tale bummeln
Wo die Kobolde sich tummeln.
Hast du Jeanie schon vergessen?
Wie sie sie bei Mondlicht traf,
Nahm Geschenke, Blumen brav,
Nahm die Früchte, wollt’ sie essen,
Von den Büschen abgestreift
Wo ewiger Sommer sie reift.
Immer dann bei Tageslicht
Sehnte und sehnte und sehnte sie sich,
Suchte die Männer und fand sie doch nicht,
Siechte, wurde ganz grau, erblich
Und fiel mit dem ersten Schnee.
Bis heute wächst nicht einmal Klee
Wo sie so tief in der Erde liegt.
Gepflanzt hab ich dort Tausendschön
Doch wollen die Blumen dort niemals mehr blüh'n.
Du solltest so spät überhaupt nicht mehr geh'n.”
“Sei still,” sagte Laura,
“Sei still, mein Schwesterlein:
Ich aß und aß wie noch nie
Und doch will ich noch mehr,
Morgen geh ich auch daher
Und kaufe ein,” und küsste sie.
“Ach, hab keine Sorgen,
Pflaumen gibt es morgen,
Frisch von den Bäumen,
Kirschen zum Träumen,
Feigen so prall und rund,
Platzten in meinem Mund,
Eisgekühlte Melonen
Auf goldenem Teller thronen,
Zu groß für meine Hand,
Pfirsiche, die Haut aus Samt,
Kernlose, schimmernde Trauben,
Duftgetränkt Auen und Lauben
Wo diese wachsen, ihr Trank so rein,
Wie Lilie, die dem Saum entstammt,
Zuckersüß, ihr Saft so fein.”

Blonder Schopf an blondem Schopf,
Zwei wie die Vögelchen im Nest,
Halten einander mit Flügelchen fest,
Liegen im Himmelbett, Kopf and Kopf.
Wie zwei Blüten dicht an dicht,
Wie zwei Flocken frisch geschneit,
Wie zwei Stäbe Elfenbein,
Goldbesetzt aus Königszeit.
Mond und Sterne spenden Licht,
Wind singt Wiegenlied herein,
Eulen fliegen nicht zu dicht,
Feldermäuse flattern nicht
Zu nah an ihrem Nest,
Brust an Brust, Wange an Wange gepresst,
Eng umschlungen schlafen sie fest.

Früh schon im Morgenlicht
Kräht der Hahn zu Tages Pflicht,
Bienenfleißig, süß und eifrig,
Steht Laura mit Lizzie auf:
Kühe melken, Honig bringen,
Haus belüften, Besen schwingen,
Feinsten Teig aus weißem Weizen
Kneten, backen, Ofen heizen,
Butter rühren, Sahne schlagen,
Puten füttern, Nähte säumen,
Sagen, was sittsame Mädchen so sagen,
Lizzie offen, unbeschwert,
Laura versunken in Träumen,
Eine zufrieden und eine versehrt,
Eine hat wie immer unbeschwert gelacht,
Eine sehnte sich nach der Nacht.

Endlich Abend, doch noch war es hell:
Sie gingen mit ihren Krügen zum Quell,
Lizzie seelenruhig und singend,
Laura wie eine Flamme springend,
Sie zogen das gluckernde Wasser hinauf;
Lizzie pflückte Blüten, Iris farbenreich,
Doch heimwärtsblickend sagte sie bange:
“Die Sonne geht hinter den Felsen unter.
Komm, Laura, alle Mädchen gehen gleich,
Kein Eichhörnchen tobt mehr munter,
Die Tiere und Vögel schlafen schon lange."

Laura blieb lieber noch länger im Schilf
Und sagte, das Ufer sei viel zu steil,
Und sagte, es sei doch viel zu früh,
Kein Tau und der Wind auch noch gar nicht kühl.
Sie lauschte lange, doch Marktgeschrei
Hörte sie nie,
“Kauf ein, kauf ein,”
Die wiederholte Melodie,
Wörter wie Köder und Zauberei.
Trotz all ihrer Trödelei
Sah sie nicht einen Kobold tollen,
Rasen, rennen, hüpfen, rollen;
Ganz zu schweigen von den Mengen
Die sich sonst im Tale drängen,
In Gruppenn oder allein:
Kein Kaufmann zu sehen, nicht groß, nicht klein.

Bis Lizzie drängte, “Laura, komm;
Ich höre die Rufe, ich wag’ keinen Blick,
Du darfst nicht länger bleiben, komm,
Geh mit mir zurück.
Die Sterne blinken, der Mond scheint hell,
Die Glühwürmchen funkeln im Dunkeln,
Lass uns nach Hause eilen, schnell,
Ein Sturm könnte gleich niedergehen
Das kann auch im Sommer geschehen,
Wir wären durchnässt, wir hätten kein Licht,
Denk nur, wir fänden den Weg dann nicht?”

Doch Laura wurde kalt wie Stein,
Denn ihre Schwester hörte die Händler allein,
Das Kobold-Schrei'n,
“Komm, kauf uns’re Früchte, kauf ein.”
Durfte sie selbst nie mehr feines Obst naschen?
Nicht einen Blick auf die Früchte erhaschen?
War sie taub und blind?
Ihr Lebensbaum war an den Wurzen verdorrt
Ihr Herz tat so weh, sie sagte kein Wort,
Sie starrte ins Dunkle, sie konnte nichts sehen,
Ihr Krug verlor Wasser, sie konnte kaum gehen,
Sie kroch ins Bett, lag still und starr
Bis Lizzie eingeschlafen war,
Dann saß sie und brannte vor Lust und Schmerz,
Knirschte vor Zorn und versagtem Begehren
Und weinte, als bräche ihr Herz.
Tag für Tag und Nacht für Nacht
Hielt Laura nun vergeblich Wacht,
In stumpfer, stiller, höchster Pein,
Doch konnte sie nie mehr die Kobolde hören,
“Kauf ein, kauf ein;” –
Nie wieder hat sie die Händler gesehen
Wie sie im Tal hausieren gehen.

Dann, als der Mittag heller schien,
Wurde ihr Haar ganz grau und dünn,
Sie siechte dahin, wie der Mond sich dreht,
Im schnellen Verfall verbrennt, und aus geht
Das Feuer darin.

Als sie den einzelnen Kern wiederfand,
Pflanzte sie den an die südlichste Wand,
Tränkte ihn mit ihren Tränen, hoffte
Auf einen Keimling zwischen Kieseln,
Doch kam und kam dieser nicht,
Sah niemals das Licht,
Fühlte nie die Feuchtigkeit niederrieseln.
Mit hohlen Augen, welkem Mund,
Träumte Lizzie von Melonen, wie im Wüstensand
Wanderer fälschlich die Wellen erkennen,
Die Schatten laubbekronter Bäume und
Im sandigen Wind umso durstiger brennen.

Sie fegte das Haus nicht mehr aus,
Sorgte nicht für Puten und Kühe,
Den Honig, den Kuchen, das Wasser, vergessen,
Sie gab sich kaum noch Mühe,
Saß matt am Kamin, ging nicht hinaus
Und wollte nichts essen.

Schmerzlich sah Lizzie der Schwester Sorgen
Wollte sie so gerne teilen,
Konnte sie einfach nicht heilen.
Sie hörte des Nachts und am Morgen
Das Kobold-Schrei’n,
“Kauf unsre Früchte fein,
Kauf ein, kauf ein”,
Unten am Bach, mitten im Tal,
Sie hörte die Händler noch jedes Mal,
Die Regung, Bewegung, die Worte,
Die Laura nun gar nicht mehr hörte.
Lindern wollte sie Lauras Qualen,
Doch dafür nicht teuer bezahlen.

Sie dachte an Jeanie in ihrem Grab,
So oft, wie diese als Braut gewesen war,
Die für Freuden, die eine Braut sich erhofft,
Erankte und starb,
In ihrem fröhlichsten Lebensjahr,
Gleich in der frühesten Winterzeit,
Kaum war der erste Reif bereit,
Kaum war der erste Schnee geschneit.

Doch als Laura, schleichend siechend,
An Todes Tür zu klopfen schien,
War es Lizzie nicht mehr so wichtig
Was nun falsch war, und was richtig,
Sie nahm einen Penny, den Händlern zu geben,
Küsste Laura, kam durch Heidekraut und Ginster
Bis an den Bach, und kaum war es finster,
Begann sie zum ersten Mal im Leben
Zu hören und zu sehen.

Jeder Kobold lachte
Der sie dort spähend fand,
Kam, schrie und krachte,
Geflogen, gehüpft, gerannt,
Pustend und prustend,
Kichernd, klappernd, krähend,
Hechelnd und hustend,
Fiese Grimassen zeigend,
Voller Allüren,
Schiefe Gesichter schneidend,
Schlechte Manieren,
Katzen und Ratten,
Wombat im Schatten,
Honigdachs und Schnecke,
Pfeifer aus der Ecke,
Holterdiepolter, Hals über Kopf,
Schwatzten wie die Elstern,
Flappsten wie die Tauben,
Glitten wie die Fische,
Herzten und küssten sie,
Schmusten, liebkosten sie,
Hielten die Teller hoch,
Körbe und Platten,
“Schau dir die Äpfel an,
Rot wie die Wonne,
Pick eine Kirsche,
Pflück einen Pfirsich,
Datteln, Zitronen,
Trauben, Melonen,
Birnen zum Verwöhnen,
Frisch aus der Sonne,
Pflaumen vorzuzeigen,
Klaub sie und saug sie,
Granatäpfel, Feigen.” –

“Liebe Leute”, sagte Lizzie,
Dachte an Jeanie,
“Gebt mir viel und reichlich!”,
Hielt ihre Schürze auf,
Warf ihren Penny.
“Nein, nimm hier Platz bei uns,
Beehre uns, sitz bei uns,”
Riefen sie, grinsten dann,
“Unser Fest fängt erst an,
Die Nacht ist herrlich,
Warm und tau-perlig,
Ruhelos, sternenklar.
Früchte wie diese
Kann kein Mensch tragen,
Ihr Duft wär nur noch halb so rar,
Ihr Saft wäre nur noch halb so voll,
Und ihr Geschmack nur halb so toll.
Setz dich und iss bei uns,
Sei lieber Gast bei uns,
Freu dich, mach Rast bei uns.” —

“Danke,” sagte Lizzie, “Aber mich erwartet
Eine daheim allein,
Also redet nicht und ratet,
Wenn ihr nichts verkaufen wollt
Von Euren Früchten auf Tellern aus Gold,
Gebt mir mein Geld zurück,
Kauf ich nicht ein.”

Sie waren verwirrt, verstummt,
Nicht mehr wedelnd und schurrend,
Nein, sichtbar verstimmt,
Fauchend und knurrend,
Einer nannte sie stolz, voller Hohn,
Widerborstig, liderlich!
Sie wurden laut im Ton
Und ihre Blicke fürchterlich,
Schwänze wie Peitschenknallen.
Traten und stießen sie,
Schubsten und drängten sie,
Kratzten sie mit ihren Krallen,
Bellend, jaulend, zischend, spottend,
Rissen ihre Kleider, schmutzten ihr Socken,
Rissen ihre Haare, diese fiesen Wichte
Trampelten auf ihre Füße,
Hielten ihre Hände fest, drückten ihr die Früchte
An den Mund, damit sie äße.

Lizzie stand weiß und gut,
Wie eine Lilie in der Flut, –
Wie ein Fels aus Marmorstein
An dem die Wellen zerschellen,
Wie ein Leuchtturm ganz allein
In wandernder, brandender See,
Goldenes Feuer sendend,
Wie ein Orangenbaum, Früchte spendend,
Blüten wie honigsüßer Klee,
Von Wespen, Bienen attackiert.
Wie die Königsstadt, unberührt,
Mit goldenem Dom und Türmen,
Die fremde Flotten bestürmen
Um ihre Standarte zu senken.

Einer allein führt das Pferd bis zum Fluss,
Zwanzig können es nicht tränken.
Auch wenn die Kobolde bis zum Schluss
Quengelten, drängelten,
Jagend und schlagend,
Keifend sie greifend, eifrig sie kneifend,
Knufften und pufften,
Hauten und höhnten,
Sagte Lizzie nicht ein Wort,
Öffnete die Lippen nicht,
Ließ nichts hineinstopfen:
Sie lachte im Herzen schon über die Tropfen
Wie Sirup auf ihrem Gesicht,
Klebrig in Grübchen am Kinn,
Am Hals zittern Streifen mit Fruchtgelée drin.

Endlich schleuderten die Wichte,
Geschafft von ihrem Widerstand,
Ihr den Penny vor die Füße, kickten Früchte,
Achtlos wohin sie auch gingen,
Ließen nicht Wurzeln, nicht Triebe, nicht Kerne;
Manche vergruben sich tief in das Land,
Manche sprangen in die Bucht
Mit runden Wellenringen,
Manche ergriffen schnell stürmisch die Flucht,
Manche verschwanden weit weg in der Ferne.

Trotz Schmerzen, Kribbeln, Brennen,
Wollte Lizzie bis nach Hause rennen,
Wusste nicht, war es hell oder finster,
Sprang über Böschungen, riss durch den Ginster,
Kroch durch das Dickicht und kam draus hervor,
Der Penny hüpfte wunderbar munter
In ihrer Tasche, mal rauf und mal runter,
Sein Klimpern Musik für ihr Ohr.

Sie rannte und rannte, als fürchte sie sehr
Ein Kobold-Mann könnte versuchen
Sie zu verwünschen oder verfluchen,
Oder noch schlimmer,
Doch nicht ein Kobold wieselte mehr,
Nicht die Angst trieb sie so vor sich her,
Ihr gutes Herz ließ sie windgeschwind
Atemlos nach Hause hasten,
Innerlich lachte sie immer.

Sie rief noch an der Gartenecke,
“Laura, hast du mich vermisst?
Laura, komm, jetzt wird geküsst!
Schau nicht auf die blauen Flecke,
Drück mich, küss mich, saug die Säfte,
Ausgedrückt aus Koboldfrüchten,
Koboldpamp und Koboldtau,
Iss mich, trink mich, lieb mich,
Laura, sauge meine Kräfte,
Deinetwegen auf der Au
Handelte ich mit den Koboldwichten.

Laura sprang von ihrem Stuhl auf
Warf die Arme hoch im Anlauf,
Raufte sich das Haar,
“Lizzie, Lizzie, ist das wahr,
Hast du die verbotene Frucht probiert?
Muss dein Licht wie meins erblinden,
Dein Leben früh ein Ende finden,
Wie ich verdorben und verderbt,
Meinetwegen ruiniert?
Durstig und koboldversehrt?” —

Sie hing an ihrer Schwester,
Küsste und küsste und küsste sie,
Endlich kamen Tränen, fest und fester,
Erfrischten die trockenen Augen wie
Regentropfen den Untergrund
Nach langer Dürre benetzen;
Zitternd vor Schmerz, Angst, Entsetzen,
Küsste sie, küsste mit hungrigem Mund.

Ihre Lippen begannen zu brennen,
Der Saft war wermutbitter, schal,
Sie verabscheute das Mahl,
Wand sich wie bessessen, musste springen, rennen,
Riss ihre Kleider entzwei,
Hastig Hände ringend,
Wilde Klagen singend,
Die Locken wie lodernde Fackeln frei,
Läufer im Rausch der Geschwindigkeit,
Wie die Mähne von Pferden in vollem Galopp,
Wie eine Adlerin das Licht salopp
Dimmend vor die Sonne zieht,
Wie eine Gefangene, befreit,
Eine Flagge, die weht, wenn das Feindesheer flieht.

Feuer flog durch ihre Venen, klopfte an ihr Herz,
Traf den dort schwelenden Brand,
Mindere Flamme ward überkommen;
Fraß die Bitterkeit unbenannt.
Töricht! Selbst den Part übernommen
Von Sorgen und Seelenschmerz!
Im Todeskampf schwanden ihre Sinne.
Wie der Wachturm einer Stadt,
Den ein Stoß zertrümmert hat,
Wie eine blitzgetroffene Zinne,
Wie ein Baum, vom Sturm entwurzelt,
Herumgepurzelt,
Wie ein Wasserstrahl,
Kopfüber dem Meer entgegen,
Fiel sie zum Schluss;
Vorbei Vergnügen, Verdruss und Qual.
Ist es Tod oder ist es Leben?

Leben aus dem Tod.
Die ganze Nacht wachte Lizzie entsetzt,
Fühlte den Puls schwach und schwächer,
Hielt Wasser an Lauras Lippen, kühlte zur Not
Ihr Gesicht mit Tränen und blättrigem Fächer:
Doch als die Vögel anfingen, frühmorgens zu singen
Und Schnitter auf die Felder gingen
Zu den Goldenen Garben,
Und in taufeuchten Farben
Gräser im Morgendwind sich mühten,
Und neue Knopsen und Lilien-Blüten
Begannen, das Ufer zu säumen,
Erwachte Laura wie aus Träumen.
Lachte arglos wie Morgentau,
Herzte Lizzie mehrmals frei,
Die glänzenden Locken golden nicht grau,
Ihr Atem so frisch wie der Mai,
Und in ihren Augen tanzte das Licht.

Nach Tagen, Wochen, Monaten, Jahren,
Als beide schon lange verheiratet waren
Und eigene Kinder hatten,
Ihre Mütterherzen von Sorgen gebunden,
Ihre Leben um zartere Leben gewunden,
Rief Laura ihre Kleinen
Um ihnen von damals zu schwärmen,
Sich an den vergangenen Tagen zu wärmen
Die niemals wieder scheinen.
Auch vom Tal der nächtlichen Schatten,
Den bösen Händlern, Koboldwichten,
Die honigsüßen Koboldfrüchten,
Gift für das Blut,
(Solche gibt es nicht zu kaufen):
Erzählte sie, wie Lizzie durch höchste Gefahr
Für das feurige Gegengift gelaufen
War, und von ihrem Mut.

Dann legte sie Hand auf kleine Hand
Und bat sie zusammenzuhalten,
“Die Schwester ist mehr als ein Freund, ein Retter
Bei schönem, und auch noch bei stürmischem Wetter,
Hilft Lebensmut beizubehalten,
Holt aus dem Irrweg zurück, berät,
Hält, wenn man doch mal ins Straucheln gerät,
Stärkt immer den eigenen Stand.